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Stillen & Epigenetik - Forschungsresultate von Bodo Melnik

Die Studien von Bodo Melnik zur Muttermilch sind hoch interessant und sind es wert, verbreitet zu werden. Hier ein Zitat aus dem "Abstract" des Artikels

von Bodo Melnik & Gerhard Schmitz, Milk’s Role as an Epigenetic Regulator in Health and Disease. Review, Diseases 2017, 5, 12 https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/28933365

 

ZITAT

"Es ist die Absicht dieser Studie, die Rolle der Milch als epigenetischer Regulator für Gesundheit und Krankheit zu charakterisieren. Basierend auf der Gen-Forschung identifizieren wir Milch als einen wichtigen epigenetischen Modulator der bestimmt wie sich die Gene des Milchempfängers ausdrücken. Milch wird als epigenetisches "Dopingsystem" der Entwicklung von Säugetieren dargestellt. Mikro-Ribonukleinsäure (miRNAs), die auf DNA-Methyltransferasen abzielen, spielen eine Schlüsselrolle bei der Hochregulation von Entwicklungsgenen wie FTO, INS und IGF1. Im Gegensatz zur künstlichen Säuglingsnahrung, die wenig miRNA enthält, liefert die Muttermilch viele physiologische mi-RNA und damit die geeigneten Signale für eine adäquate epigenetische Programmierung des Neugeborenen." (Melnik & Schmitz 2017)

 

WORUM ES GEHT

Neuere Forschungsarbeiten konzentrieren sich auf die Rolle der frühen Ernährung als epigenetische Grundlage für die Entwicklungsprogrammierung. Milch ist das erste postnatale Ernährungsumfeld für alle Säugetiere.


Immer mehr Studien und Forschungsprojekte befassen sich mit der Rolle der Muttermilch für Säuglinge und deren Entwicklung.


Epigenetik ist die Erforschung von Mechanismen der Anpassungsfähigkeit, die die Art und Weise wie sich der Mensch an seine Umwelt anpasst, programmieren, und wie sich unsere Gene sich ausdrücken (oder nicht) und wie reversibel diese Mechanismen sind und wie sie sich auf unsere Nachkommen übertragen, ohne die Gene selbst zu verändern.


Unser genetisches Material ist nicht statisch und unveränderlich, wie man früher annahm und der Umwelt entgegengesetzt, die die Variable war. Die Vorstellungen der angeborenen (Gene) und der erworbenen (die uns von aussen zugetragenen) Charakteristika, spiegelten diese Dichotomie wider.

 

Aber heute ist diese Sichtweise überholt denn wir wissen, dass unsere Gene - d. h. unsere DNA - vom ersten Entstehungstag an im dynamischen Dialog mit der Umwelt stehen und damit auch mit dem, was im Mutterleibt abläuft, und mit dem was wir essen! Gene können sich ausdrücken (express) oder schweigen (be silent), je nachdem, welche Botschaften die DNA empfängt. Diese Botschaften werden von Botenstoffen wie z. B. den mi-RNAs (micro-RNAs) vermittelt.
 
Mi-RNAs spielen eine sehr wichtige Rolle für die Grundfunktionen unseres Körpers, vom Embryostadium an und während des ganzen Lebens, insbesondere als Wachstumsregulatoren, bei der zellulären Differenzierung und bei der Funktion des Stoffwechsels.

 

ROLLE DER MUTTERMILCH

Muttermilch enthält große Mengen an mi-RNAs.

Dies ist faszinierend, wirft aber auch Fragen auf: Welche epigenetischen Botschaften erhalten NICHT gestillte Babys? Wie wirken sich die mi-RNAs aus Kuhmilch, also Milch von einer anderen Spezies, auf die Entwicklung und Gesundheit des Babys und des späteren erwachsenen Menschen aus? 


Der Forscher Bodo Melnik arbeitet seit mehreren Jahren an dieser Thematik. Der oben zitierte Abriss gibt einen Einblick. Hier weitere Zitate:

 

ZITAT

"Im Gegensatz zur Säuglingsnahrung die unzureichend ist an mi-RNAs, liefert das Stillen durch den physiologischen Transfer von mütterlichen mi-RNAs die geeigneten Signale für eine angemessene epigenetische Programmierung des Neugeborenen. Während das Stillen auf die Dauer der Stillzeit beschränkt ist, führt der kontinuierliche Konsum von Kuhmilch zu einer permanenten epigenetischen Regulation mit der Zunahme von Genen, die massgeblich an der Entstehung von Zivilisationskrankheiten wie "Diabesity" (aus dem amerikanischen Zusammenzug von Diabetes und Obesity; also Zuckerkrankeit kombiniert mit Fettleibigkeit), Neurodegeneration und Krebs beteiligt sind.

Unsere Hypothese ist, dass dieselben mi-RNAs, die die Milchproduktion bei Kühen durch epigenetische Mechanismen verbessern, auch die Expression von Genen bei Menschen regulieren die Kuhmilch und deren mi-RNAS konsumieren. Der kontinuierliche Verzehr von pasteurisierter Kuhmilch kontaminiert die menschliche Nahrungskette mit Rinder-mi-RNAs, die mit ihren menschlichen Analoga identisch sind.
 
Das ist ein zentrales Anliegen. Eine Erhöhung der Milchleistung von Milchkühen für kommerzielle Zwecke könnte die epigenetische Belastung des milchkonsumierenden Menschen durch Rinder-mi-RNAs weiter erhöhen.
 
Stichworte: Stillen; DNA-Methyltransferasen; epigenetische Regulation; Exosom; FTO, Säuglingsanfangsnahrung (PPN); Laktation, miRNA-148a, Milch, nichtübertragbare Zivilisationskrankheiten."
 
ENDE DES ZITATS

 

ZUSAMMENFASSUNG
Melnik forschte über Kuhmilch, bevor er sich für die Muttermilch interessierte. Er hebt drei wichtige Punkte hervor:
 
1. Zunächst einmal versorgt das Stillen das Baby mit mütterlicher und damit menschlicher mi-RNA, in der richtigen Dosis und als adäquate Aktivatoren des menschlichen Wachstumssystems.
 
2. Da einige Kuhmilch mi-RNAs identisch mit menschlichen mi-RNAs sind, besteht die Gefahr, dass der kontinuierliche Verzehr von Kuhmilch die epigenetische Programmierung des Menschen stören kann.

 

3. Dieses Risiko wird noch verstärkt durch die Tatsache, dass Milchkühe nach ihrer Leistung bei der Milchproduktion ausgewählt werden. Die Milch die wir konsumieren stammt also von Kühen die auf hohe Milchleistung, d.h. auf Milchproduktion in grossen Mengen, gezüchtet werden. Epigenetische Informationen zur Steigerung der Milchproduktion bei Kühen können so durch den Kuhmilchkonsum auf den Menschen übertragen werden.
 
All dies stimmt nachdenklich und sollte weiter erforscht werden. Mütter und Väter sollten davon Kenntnis haben damit sie wohl informiert ihre Entscheidung treffen können was die Nahrung ihrer Kinder anbelangt.

 

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- Artikel von Bodo Melnik & Gerhard Schmitz, Milk’s Role as an Epigenetic Regulator in Health and Disease. Review, Diseases 2017, 5, 12 https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/28933365

- Reclaiming “Breastfeeding” from “Human Milk:” Politics, Public Health, and the Power of Money. Melissa Bartick, MD, MSc