Stillen als Prävention

Stillen betrifft die Gesundheit von Kind UND Mutter. Stillen ist ein dynamischer Prozess und kann nicht allein auf den Transfer von Nahrung reduziert werden. Zahlreiche physiologische und immunbiologische Abläufe finden statt, zum Schutz des Kindes und der Mutter.

 

Überblick

 1. Eindämmung von Antibiotika-Konsum (Vorbeugen von Antibiotika-Resistenz), denn gestillte Kinder sind weniger oft und weniger lange krank.

 - Kostenbeschränkungen im Gesundheitssystem.

 2. Verbesserung der Gesundheit der Frau (Schutz vor Brust- und Eierstockkrebs, Diabetes, Adipositas, Gefässkrankheiten).

 3. Optimiertes Bonding Mutter-Kind und damit bessere Kommunikation und Förderung der gewaltfreien Kindererziehung.

 4. Verminderung der Risiken von Suchtproblemen (Alkohol, Tabak, Drogen) denn das Stillen erlaubt viel Körperkontakt, bietet Sicherheit, stärkt die psychische Gesundheit und steigert das Selbstwertgefühl des Kindes.

 

Frühe Kindheit

Die frühe Kindheit hat einen wichtigen Einfluss auf die gesundheitliche Verfassung im Erwachsenenleben. Frühe Einflüsse, gar schon im Mutterleib, können nichtübertragbare Krankheiten im späteren Leben verhindern, oder begünstigen.[1]

 

Stillen ist zentral in der frühen Kindheit und hat einen elementaren Einfluss auf die Gesundheit im Erwachsenenleben. Leider wird dies auf der BAG-Webseite mit keinem Wort erwähnt. Im Indikator 1 des WBTi Swiss Berichts kommen wir auch auf diesen Punkt zu sprechen.

 

Um sich ein Bild zu machen welche Bedeutung das Stillen auch für unsere Gesellschaft hat, ist ist es am besten die Breastfeeding Series von The Lancet (2016) zu lesen. Darunter der folgende Artikel:

  • Rollins NC, Bhandari N, Hajeebhoy N, et al. Why invest, and what it will take to improve breastfeeding practices? Lancet. 2016;387:491-504.

Ausgewogene Ernährung

Ausgewogene Ernährung wird heute landläufig als Faktor für die Gesundheit propagiert. Doch kaum jemand unterstreicht das Stillen und den Wert der Muttermilch mit seiner hohen Bedeutung als Nahrung und als Lieferant von Immunstoffen bis zum Alter von 2 Jahren und darüber hinaus.

 

Menschliches Baumaterial

Die Muttermilch erlaubt dem Kind alle seine Zellen mit menschlichem Baumaterial aufzubauen, und zwar spezifisch von Mutter zu Kind mit entsprechenden Stammzellen, Wachstumshormonen, Botenstoffen (miRNAs), HAMLET Tumorkiller Proteinen und vieles mehr. Es sind täglich von der Mutter neu produzierte lebendige Inhaltsstoffen, die zum Kind gelangen. In diesem Sinne liefert das Stillen die perfekt angepassten Bausteine des Lebens und der Gesundheit auf lange Frist.

 

Immunologischer Schutz

Das Stillen schützt das Kind. Die meisten Eltern sind sich der Auswirkungen des Stillens auf die Gesundheit des Babys bewusst, doch nur wenige wissen über das unreife Immunsystem des Kindes und wie das Stillen hilft, es zu stärken und zu reifen.

Tatsächlich stärkt das Stillen nicht nur das Immunsystem des Kindes, sondern die Muttermilch trägt auch zu dessen Entwicklung bei. Das Stillen versorgt das Kind mit vielen immunprotektiven Faktoren: spezifische Faktoren (angepasst an die Umgebung von Mutter und Kind) und unspezifische Faktoren (solche, die von Anfang an in der Grundzusammensetzung der Muttermilch vorhanden sind, wie IgA, Zytokine, menschliche Oligosaccharide (etwa 200), tumorabtötende Proteine und viele andere, deren Liste lang ist (siehe unten What's in milk). Das Wissen und die Forschung über die dynamische, schützende und physiologisch-immune Rolle der Muttermilch zeigen die nachhaltige Bedeutung für die Gesundheit des gestillten Kindes - die Gesundheit des zukünftigen Erwachsenen.

 

Mehr dazu hier https://www.gifa.org/international/immunology/

 

 

HAMLET Faktor - Schutz gegen Tumor- und Krebszellen

Références sur HAMLET Human Human Alpha-lactalbumin Made Lethal to Tumour cells

  • Lund University. Hamlet, a new concept for cancer therapy

https://www.med.lu.se/english/department_of_laboratory_medicine/mig/research_groups/the_svanborg_group/the_hamlet_project

 

  • James C.S. Ho, Aftab Nadeem, Catharina Svanborg, HAMLET – A protein-lipid complex with broad tumoricidal activity. Biochemical and Biophysical Research Communications, Volume 482, Issue 3, 15 January 2017, Pages 454-458 https://doi.org/10.1016/j.bbrc.2016.10.092
  • Aits S, Gustafsson L, Hallgren O, Brest P, Gustafsson M, Trulsson M, Mossberg AK, Simon HU, Mograbi B, Svanborg C (March 2009). "HAMLET (human alpha-lactalbumin made lethal to tumor cells) triggers autophagic tumor cell death". Int. J. Cancer. 124 (5): 1008–19.

 

 

Spezifische Inhaltsstoffe

Jede Mutter produziert eine nicht imitierbare Milch für ihr Kind, je nach Umgebung, Ernährung, Saison und immunologische Kriterien. Die 200 mütterlichen Oligosaccharide sind bei jeder Mutter leicht verschieden und genau für ihr Kind bestimmt. Es ist nicht bloss ein "Inhaltsstoff" den man imitieren kann sondern ein biodynamisches Gesamtes.

 

Microbiom

Die Mikrobiota ist unser zweites Gehirn und spielt eine Schlüsselrolle bei unserem Immunschutz. Dieses Thema ist so umfangreich, dass wir auf den Microbirth-Film Toni Harman und Alex Wakeford und auf unseren Artikel im Blog verweisen

 

 

Grundgesundheit

In der Covid-19 Pandemie, die wir aktuell alle unmittelbar erleben, wird ein wichtiger Faktor unseres Erachtens nicht genug herausgestrichen, nämlich die "Grundgesundheit". Diese Grundgesundheit beginnt schon in utero nach der Befruchtung – es gibt immer mehr Studien die die Qualität der Schwangerschaft und die health outcomes oder Gesundheitsentwicklung der Kinder in Zusammenhang bringen. Der nächster, prägender Faktor für optimale Gesundheit ist das Stillen.

 

Public Health

In vieler Hinsicht ist das Stillen von grosser Bedeutung, wie die Lancet – Breastfeeding Series 2016 [3] beeindruckend zeigt. Das Stillen sollte aus individueller und populations-gesundheitlicher Sicht gefördert, geschützt und begleitet werden. Dies bedingt, dass man den Wert des Stillens grundlegend anerkennt, und nicht nur als Lippenbekenntnis, sondern indem sowohl die breite Gesellschaft als auch die Fachpersonen im medizinischen und pflegerischen Bereich Grundkenntnisse zum Stillen vermittelt erhalten.

 

• NCDs vermeiden oder zumindest vermindern

 

• Immunsystem der Kinder (die « Erwachsenen » von morgen) unterstützen und stärken

 

 

Epigenetik siehe auch

« There is accumulating evidence that milk functions as a transmitter or relay between the maternal lactation genome and epigenetic regulation of genes of the milk recipient. »...

 

« Epigenetic processes are considered to play a pivotal role in regulating tissue-specific gene expression and hence alterations in these processes can induce long-term changes in gene expression and metabolism which persist throughout life course. »...

 

« miRNAs are part of the epigenetic machinery and are predicted to regulate nearly 60% of all human genes...It is thus not surprising that human milk contains the highest concentration of total RNAs including miRNAs in comparison to all other body fluids.» (Zitate aus : Melnik & Schmitz, 2017)

 

Gesundheit der Frau

Das Stillen schützt gegen Krebs, Diabetes, Adipositas, hat positiven Einfluss auf Anämie, Osteoporose ,

es trägt dazu bei, die Menstruation hinauszuzögern und wirkt, unter bestimmten Umständen, wie ein natürliches Verhütungsmittel;

es unterstützt die schnelle und natürliche Rückbildung der Gebärmutter nach der Geburt;

es bietet Schutz gegen Bluthochdruck

  • Effect of lactation on maternal hypertension : a systematic review. Bonifacino E et al. Breastfeed Med 2018 ; 13(9) : 578-88. Mots-clés : lactation, santé maternelle, hypertension.

Stillen wirkt präventiv auf Gefässkrankheiten

  • https://www.ese-hormones.org/publications/press-releases/breastfeeding-reduces-long-term-risk-of-heart-disease-in-mothers/


Stillen reduziert das Risiko einer Endometriose.

  • History of breast feeding and risk of incident endometriosis : prospective cohort study. Farland LV et al. BMJ 2017 ; 358 : 3778. Mots-clés : endométriose, facteurs de risque, allaitement.

Ausschliessliches Stillen ist assoziert mit schlankerer Teil und dies bis zu 10 Jahre nach der Geburt.

  • Breastfeeding Greater Than 6 Months Is Associated with Smaller Maternal Waist Circumference Up to One Decade After Delivery. GG Snyder et al. Journal of Women's Health, Vol. 28, No. 4, 22 April 2019.

 

Stillen schützt vor Krebs

 

Studien, siehe auch : https://www.krebsliga.ch/krebs-vorbeugen/stillen/

2020 : Breastfeeding and risk of breast cancer: a meta-analysis of published studies. Bernier MO et al.

Human Reproduction Update, Volume 6, Issue 4, July 2000, Pages 374–386, https://doi.org/10.1093/humupd/6.4.374

2018 : Impact de la parité et de l’allaitement sur le risque de divers sous-types de cancers ovariens. Histological subtypes of ovarian cancer associated with parity and breastfeeding in the prospective Million Women Study. Gaitskell K et al. Int J Cancer 2018 ; 142(2) : 281-9.

2018 : Reproductive history, breast-feeding and risk of tripple negative breast cancer : the Breast Cancer etiology in Minorities (BEM) study. John EM et al. Int J Cancer 2018 ; 142(11) : 2273-85. Mots-clés : cancer du sein triple négatif, facteurs reproductifs, allaitement.

2017 : Le World Cancer Research Fund et l’American Institute for Cancer Research geben 10 wichtige Empfehlungen heraus zur Prävention von Krebs, davon ist ein das Stillen. Schutz vor Brustkrebs : « strong evidence ». World Cancer Research Fund/American Institute for Cancer Research. https://www.wcrf.org/int/continuous-update-project/cup-findings-reports/breast-cancer

2017 : Grossesse, allaitement, ménopause et risque de cancer du sein chez des femmes coréennes. Risk reduction of breast cancer by childbirth, breastfeeding, and their interactions in Korean women : heterogeneous effects across menopausal status, hormone receptor status, and pathological subtypes. Jeong SH et al. J Prev Med Public Health 2017 ; 50 : 401-10.

2016 : Allaitement et expression du Ki-67, du p54 et du BCL2 dans les cancers du seinBreastfeeding and immunohistochemical expression of Ki-67, p53 and BCL2 in infiltrating lobular breast carcinoma. Gonzalez-Sistal A et al. PloS ONE 2016 ; 11(3) : e0151093.

2014 : Allaitement et prévention du cancer du sein. Breastfeeding and the prevention of breast cancer : a retrospective review of clinical

history. González-Jiménez E et al. J Clin Nurs 2014.

2013 : Facteurs reproductifs, récepteurs hormonaux, et risque de cancer du sein. Association between chronological change of reproductive factors and breast cancer risk defined by hormone receptor status : results from the Seoul breast cancer study. Chung S et al. Breast Cancer Res Treat 2013 ; 140(3) : 557-65.

2013 : Laktation und Brustkrebsrisiko nach der Menopause. Investigating the association of lactation history and postmenopausal breast cancer risk in the Women’s Health Initiative. Stendell-Hollis NR et al. Nutr Cancer 2013 ; 65(7) : 969-81.

2012 : Allaitement et réduction du risque de cancer du sein. Breastfeeding and its relationship with reduction of breast cancer : a review. Franca-Bothelho Ado C et al. Asian Pac J Cancer Prec 2012 ; 13(11) : 5327-32.

2002 : Lancet. 2002 Jul 20;360(9328):187-95. Das Team von Prof. Valerie Beral vom Oxford Cancer Research Centre hat nachgewiesen, dass längeres Stillen das Risiko, an diesem Krebs zu erkranken, reduziert. Die Forscher sammelten Daten aus 47 Studien, die in 30 verschiedenen Ländern durchgeführt wurden und insgesamt fast 150.000 Frauen umfassten:

  • Frauen mit Krebs hatten seltener und kürzer gestillt als die Kontrollgruppe.
  • Das Krebsrisiko wurde für jedes zusätzliche Jahr des Stillens um 4,3 % reduziert (wobei das Risiko bereits für jede Geburt um 7 % reduziert wurde).

Stillen - Schutzmassnahmen gegen Adipositas

 

Adipositas (bei Kindern und Erwachsenen) ist multifaktoriell bedingt. Stillen hilft, das Kind (und den zukünftigen Erwachsenen) in mehrfacher Hinsicht zu schützen:

- Muttermilch ist eine physiologische und biologisch-dynamische Flüssigkeit, die sich an die Bedürfnisse des Kindes anpasst und während des gesamten Stillens (auch nach 2 Jahren) ihre Werte als Nahrung und als Immunschutz beibehält.

 

- Muttermilch nährt die Mikrobiota und die guten Bakterien des Babys

- Sie liefert Hormone, die den Appetit und den Fettstoffwechsel regulieren (Ghrelin, Leptin, Adiponektin, Apelin etc.)

- Sie prägt durch ihre vielfalten Geschmacksnuancen (je nachdem was die Mutter ist) den Geschmack des Kindes und bereitet es auf Beikost vor.

- Muttermilch bereitet den Übergang zum Familientisch vor, ohne dass dazu unbedingt verarbeitete industrielle Lebensmittel verwenden werden müssen.

Es ist wichtig, die Rolle des Stillens von Beginn der Ernährung an zu betonen, um den Grundstein für eine gesunde Stoffwechselregulation und ein ausgewogenes Körpergewicht zu legen. Oft stehen Übergewicht und Adipositas in direktem Zusammenhang mit dem Auftreten von Diabetes 2, so dass man von der "Diabesity"-Epidemie spricht. Die Kosten dafür sind beträchtlich; in der Schweiz sind 10% der Erwachsenen und 5% der Kinder betroffen: https://www.bag.admin.ch/bag/de/home/gesund-leben/gesundheitsfoerderung-und-praevention/koerpergewicht/uebergewicht-und-adipositas/kosten-uebergewicht-und-adipositas.html

 

Studien :

  • Breastfeeding Reduces Childhood Obesity Risks, 2017, Wang L., Collins C., Ratliff M., Xie B. and Wang Y., Childhood Obesity, 2016, 13 (3), 197-204.
  • Early life nutrition, epigenetics and programming of later life disease. Vickers MH1. Nutrients. 2014 Jun 2;6(6):2165-78. doi: 10.3390/nu6062165.
  • Epigenetic mechanisms linking early nutrition to long term health. Lillycrop, K.A.; Burdge, G.C. Best Pract. Res. Clin. Endocrinol. Metab. 2012, 26, 667–676.
  • Breastfeeding in the 21st century: Epidemiology, mechanisms, and lifelong effect.Victora, C.G.; Bahl, R.; Barros, A.J.; França, G.V.; Horton, S.; Krasevec, J.; Murch, S.; Sankar, M.J.; Walker, N.; Rollins, N.C.; Lancet Breastfeeding Series Group. Lancet 2016, 387, 475–490.
  • Brest fed babies may have a high BMI, but are less overweight at age 5 years. Von Kries R, Koletzko B, Adv Exp Med Biol. 2000;478:29-39.

What's in milk?

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Zitate

[1] Zitat von der BAG Website https://www.bag.admin.ch/bag/de/home/gesund-leben/gesundheitsfoerderung-und-praevention/praevention-fuer-kinder-und-jugendliche.html

 

[2] Michel Odent es nennt es "la santé primale" und begründet die Primal Health Research Database um Korrelationen zwischen dem, was zu Beginn unseres Lebens geschieht, und dem, was später in Bezug auf Gesundheit und Persönlichkeitsmerkmale geschehen wird, zu erforschen).

http://primalhealthresearch.com/index.php

 

[3] https://www.thelancet.com/series/breastfeeding